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Liebe Genossinen und Nussini!

Letztens beim Tag der offenen Tür, waren einige Eltern in meiner Klasse um mich für ihre Tafelklassler zu begutachten. Und das was da passiert ist, ist echt so geschehen. Ich schwör. Beim Leben von Wladimir Putin.

Einerseits betraten zwei Eltern die Klasse - ich nannte sie die Anarcho-Eltern. Vom Typ her sehr naturbelassen. Beide, Mutter und Vater, vermittelten den Eindruck: Ich bin zwar in den 80ern geboren, aber in den 60ern hängengeblieben. Ihre beiden Zwillinge, Rosa und Lenin, sprachen ihre Eltern ausschließlich mit Vornamen an, Janis und Che-Guevara, was als Ausdruck der ultimativen Gleichberechtigung gelten sollte. Bei ihnen zu Hause wird alles, aber auch wirklich alles, demokratisch beschlossen. Wohin sie auf Urlaub fahren sollen. Auf den Biobauernhof im Burgenland oder nach Kuba. In welcher Farbe die Couch überzogen werden soll. In kotzgelb oder hornhautrosa. Oder ob Mama und Papa bei der nächsten Wahl lieber die Grünen oder die KPÖ wählen sollen.
Che-Guevara war übrigens der einzige Vater in der Elterninitiative „Pro Stillen“, deren Vorsitzender er aber noch immer ist, nachdem sein Sohn aus erster Ehe, Mao-Tse Castro, nach 72 Monaten sanft abgestillt wurde. Janis wiederum, engagiert sich sehr für grünen Spargel, seit sie gelesen hat, dass er gegen seinen Willen geerntet wird.
 

Andererseits betrat auch Liams Mama die Klasse. Vom Typ - Eyecatcher.  1,85 - blond - Barbie. Sie hat in einem 2tägigen Youtube-Lehrgang ihren Nageldesigner gemacht - den Betscheelaa of Nails, der sie dazu befähigt, kleine Plastikdiamanten auf die Fingernägel von anderen Leuten zu kleben (Hätte sie übrigens noch 2 Stunden an ihre Internetausbildung angehängt, wäre sie Lebens- und Sozialcoachin geworden - quasi der Master of Burnout).
Liams Mama nahm rundherum überhaupt nichts wahr, weil sie krampfhaft versuchte mit ihrem Selfiestick ein 360°-Panoramafoto zu machen - für Instagram. Nur hat sie das so gar nicht hinbekommen. Vielleicht hätte ihr jemand sagen sollen, dass sie zu diesem Zweck auch ein Handy auf den Stick stecken sollte.
 

Ich stimmte für die Kids ein motiviertes „Aramsamsam“ an, als mir der kleine Lenin so richtig herzhaft ins Gesicht spuckte. Lenins Mama, Janis meinte nur: „Aber Lenin, wir haben doch im Familienplenum beschlossen, dass wir anderen ins Gesicht zu spucken nicht gut finden.“ Sie reichte mir ohne ein Wort der Entschuldigung ein Stofftaschentuch, das ich aber dankend ablehnte, weil es so aussah, als wäre es schon öfter benutzt worden, nachdem Klein-Lenin seine Lama-Attacken bekommen hatte.
 

Zur gleichen Zeit hatte ihre Tochter Rosa offenbar das dringende Bedürfnis dem kleinen Liam, der gerade mit der ganzen Hand in einem Glas Nutella steckte, mit dem Schlägel des Tamburins eine überzuziehen. Sie herrschte ihn an, dass Nutella für die Entwicklung der Synapsen im Gehirn fatal sei. Er solle gefälligst auf Bio-Haselnuss-Stevia-Aufstrich umsteigen. Oder wolle er einmal genau so dämlich werden wie seine Mutter? Rosas Vater war ob dieses eloquenten Rundumschlags begeistert und meinte nur, dass der kleine Liam mit Hilfe dieser willkommenen Grenzerfahrung wahnsinnig viel für sein Leben lernen könne. Liams Mama war weniger begeistert. Sie begann wie wild mit ihrem Selfiestick auf Che-Guevara einzuprügeln, sodass jede Berufsdomina vor Neid erblasst wäre. 

In der Zwischenzeit nahm sich Janis ihre Tochter Rosa zur Brust - im wahrsten Sinne des Wortes - denn, wie zur Belohnung, durfte sich Klein-Rosa an Mamas Busen nähren…
Ich persönlich glaube ja, dass dieser antiautoritäre Erziehungsstil eher als Deckmantel für eine hochgradige Überforderung oder pädagogisches Desinteresse herhalten muss. Wenn die Kinder irgendwann mal ständig die Schule schwänzen, wird das wahrscheinlich mit einem Achselzucken zur Kenntnis genommen und politisch schöngeredet werden: Das Kind wird schon seine Gründe haben, warum es diesem, von autoritären Zwängen beherrschten, System entflieht.

Ach ja, die Selfiestick-Peitschorgie hatte übrigens schwerwiegende Folgen: Che-Guevara hat sich unsterblich in Liams Mama verliebt und sagt seit damals nur noch Herrin zu ihr.
 

In diesem Sinne wünsche ich euch einen schönen Sommer und freue mich euch im Herbst 2017 zu meinem neuen Programm „#Kidz“ begrüßen zu dürfen.

Alles Liebe 
Markus

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